« Berliner Runde » Radia Obskura: Völkermord verjährt nicht! #72
Völkermord verjährt nicht!
Unter diesem Motto haben Berliner*innen und Parlamentarier aus Namibia heute den Herrero und Nama gedacht, die Opfer eines genozidalen Krieges der deutschen Kolonialherren in Namibia wurden.
Die offizielle Geschichtsschreibung und Erinnerungspolitik verschweigt, verharmlost, verdrängt diese Geschichte bis heute noch gerne.
So werden die weißen Berliner Soldaten, die sich freiwillig am kolonialen Genozid beteiligt haben, in Berlin-Neukölln mit einem massiven Gedenkstein geehrt, wie auch Hitlers "Afrikakorps" dabei gewürdigt wird.
Die afrikanischen Opfer werden auf einem zweiten kleinen und davor liegenden Stein aber nicht beim Namen genannt. So erfahren wir weder, wie viele Frauen, Männer und Kinder getötet oder enteignet wurden, noch wird ihre afrikanische Herkunft oder das Wort "Genozid" erwähnt - denn das Auswärtige Amt intervenierte in diesem Sinne bei der Inschrift.
Israel Kaunatjike lebt als Herrero in Berlin und kommt zu uns ins Studio. Er engagiert sich im Bündnis "Völkermord verjährt nicht".
Kolonialismus im Kasten
Das Deutsche Historische Museum (DHM) ist so etwas wie ein Nationalmuseum, es will die deutsche Nationalgeschichte erzählen. Entsprechend riesig ist die Ausstellung.
Auch zum Kaiserreich gibt es viel zu erzählen und zu zeigen. Allerdings taucht das Thema Kolonialismus nur in einem einzigen Ausstellungskasten auf. Es erscheint abgeschieden von allem anderen Denken und Tun: Parlamentarische Debatten, außenpolitisches Handeln, Alltagskultur, Wissenschaft. Selbst epochemachende Ereignisse, wie die sogenannte "Afrikakonferenz" in Berlin, werden ausgespart.
Ein paar Historikerinnen haben diese blinden Flecken jüngst geschlossen. Mit dem Audioguide "Kolonialismus im Kasten" erzählen sie, wie bedeutsam die deutsche Kolonialgeschichte in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen war. Und was von ihr heute noch - für viele unscheinbar - weiterwirkt…
Manuela Bauche hat den Audioguide mit konzipiert und wird mit uns im Studio über koloniale Erinnerungspolitik in Deutschland diskutieren.
Musik
- Malaria! – How Do You Like My New Dog?
- Nkata Mawewe – Khulumani
- Freiwillige Selbstkontrolle – Fragen der Philosophie (Völkerball)
- DxBxSx – Liebesgrüße nach Neukölln
- Yukon Orange – Langsam, langsam!
Radia Obskura
Es liegt nahe, Freies Radio noch einmal neu, ausgehend von den individuellen Akteuren, zu denken: Unabhängig davon, welchem Radio sie evtl. zuarbeiten. Freies Radio kann sich, muss sich aber nicht lokal verorten. Diesen Gedanken greifen ab Juni verschiedenste Akteure auf, um gleichzeitig in Berlin, Hamburg und Halle zu senden. Diese Kooperation ist bisher auf dem Feld der freien Radios einmalig. Und unbedingt ausbaufähig.
Denn Radia Obskura ist eine gemeinsame Sendung von Radio Corax (Halle), dem Freien Sender Kombinat (Hamburg) und Pi Radio (Berlin).