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« DT64-Podium » Beat Und Propaganda: Deutschlandtreffen '64

Donnerstag, 08. Mai 2014, 20:30 bis 21:00 Uhr
2014-05-08 20:30:00 2014-05-08 21:00:00 DT64 Festival
Heute und die nächsten beiden Tage um diese Zeit: die Podiumsdiskussion aus dem Großen Saal. Heute zum Thema: "Beat Und Propaganda - Deutschlandtreffen '64", ein Film von Lutz Rentner und Frank Otto Sperlich.
DT64-Podium

Eine Diskussion mit Sigmar Krause, Stephan Kühnrich und Heiner Stahl.

  • Moderation: Jörg Wagner

Deutschlandtreffen der Jugend – 1964 in Ost-Berlin

Vom 16. bis 18. Mai 1964 traf sich die DDR-Jugend mit den Gleichaltrigen aus Westdeutschland. Nach offiziellen Angaben kamen über eine halbe Million Jugendliche nach Ost-Berlin, darunter 25tausend aus der Bundesrepublik. Vor allem ihnen wollten FDJ und SED vor Augen führen, wie weit die DDR seit dem Bau der Mauer 1961 gekommen war. Es gab eine Vielzahl von Kulturveranstaltungen, Lesungen von Schriftstellern wie Brigitte Reimann, Christa Wolf und Hermann Kant, Auftritte der jungen Beatbands oder des Liedermachers Wolf Biermann. Für die westdeutschen Teilnehmer stellte sich die DDR in Aufbruchstimmung dar, bei vielen ostdeutschen Teilnehmern prägte sich das Deuschlandtreffen als Schlüsselerlebnis ihrer Jugend ein.

Das dritte und letzte Deutschlandtreffen ist also ein klassisches Ost-West-Thema. Es kann durchaus auf Zuschauerresonanz bauen, denn die jungen Teilnehmer von 1964 sind die gestandenen Zuschauer von heute. Das Deutschlandtreffen 1964 liegt thematisch an der Schnittstelle von noch heute präsenten privaten Erinnerungen und zeitgeschichtlicher Relevanz. Und es bietet viele Möglichkeiten einer unterhaltsamen Gestaltung durch die damals entstehende Beatbewegung. Auch vom Deutschlandtreffen inspiriert entstanden überall in der DDR Bands, die in den Beatles und den Stones ihre Vorbilder sahen. Die frühe Beatbewegung gilt als der Ursprung der DDR-Rockmusik. Schon zu dieser Zeit profilieren sich Musiker wie Klaus Renft, der mit seiner damaligen Band "Die Buttlers" schon bald für politische Unruhe sorgen sollte.

Nicht zuletzt bringt das Deutschlandtreffen 64 auch einen neuen Jugendsender hervor. Der DDR-Rundfunk sendete an den Pfingsttagen ein 99stündiges Sonderprogramm aus. Es wurde in Anlehnung an die Großveranstaltung "Sonderstudio DT 64" genannt. Die "Begleitwelle" des "Deutschlandtreffen der Jugend" fand grenzenlosen Anklang. Ein Spreeboot fungierte als schwimmender übertragungswagen. Wolf Biermann und Sahra Kirsch lasen ihre Dichtungen in Livesendungen. Vier Tage und Nächte lang wird - erstmalig im DDR-Rundfunk - sogar englische Beatmusik gespielt.

Die Phase der Liberalisierung der Jugendpolitik findet aber bald schon ein Ende. Auf dem berüchtigten 11. Plenum im Dezember 1965 attackierte der Berufsjugendliche Erich Honecker den Sender DT 64 und warf ihm vor, in seinem Musikprogramm einseitig die Beatmusik zu propagieren und Fragen der politischen Bildung zu vernachlässigen. "Westmusik" und lange Haare sind jetzt wieder verpönt, Honecker erwägt sogar, "Gammler" in Arbeitslager zu stecken. Die Jugendbewegung, die auch mit dem Deutschlandtreffen 64 entstand, war aber trotz aller staatlicher Reglementierung nicht mehr aufzuhalten.