« KulturWelle » Afterhour: Radio Nasal #6
Radio Nasal – Rund um den verdrängten Körperteil
In Nikolaj Gogols Erzählung "Die Nase" von 1836 findet ein Barbier eine abgeschnittene Nase in seinem Frühstücksbrot. Gleichzeitig erwacht ein Beamter - wie sonst - ohne Nase. Er macht sich auf die Suche, begenet sogar seiner Nase, allerdings entwischt sie ihm. Seit Gogols modern-surrealistischer Erzählung avant la lettre muss sich niemand mehr wundern, so schreibt die Zeit zu Gogols 200. Geburtstag, wenn er eines morgens als Käfer erwacht. In der Afterhour #6 nehmen wir uns der Nase an - nicht nur der Erzählung, sondern des Körperteils, der so sehr ins Auge springt und seit der Aufklärung doch verdrängt scheint. Wo Gott Adam den Lebenshauch einflößte, ist heute der Sitz zweifelhafter Konnotationen - Nasen werden in fremde Angelegenheiten gesteckt, wer lügt bekommt eine lange Nase, ihr wisst, was man über Männer mit langen Nasen sagt - den Verbindungen vieler dieser Redewengungen und Klischees zum historischen und gegenwärtigen Antisemitismus wollen wir besondere Aufmerksamkeit schenkten. Ist die Nase ein verdrängter Körperteil, der immer wieder zurückkehrt? Außerdem: Techno und Nasenflötenmusik.
- Jingle
- Gogol: Die Nase. 1. Kapitel
- Intro
- ♫ Solo: Nasenflöte
- ♫ Fcode – Black & Tech
- Nasen in der Literatur. Hegel.
- Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
- ♫ Moontracker – My Existence
- Proust-Effekt. Nase und Psychoanalyse.
- Adorno/Horkheimer: Dialektik der Aufklärung
- ♫ Lusbek – Diffusion Lights
- Riechlust, Antisemitismus, Genuss.
- Warum Kowalow seine Nase verliert.
- Gogol: Die Nase. 2. Kapitel
- Verabschiedung
- ♫ Richard Savani – Whiteball (Kidcult Remix)
KulturWelle AfterHour
Unter Afterhour versteht man in der KulturWelle-Szene eine Veranstaltung mit elektronischen Tanzgesprächen. Afterhour ist eine Eindeutschung des englischen Begriffes After Hours, was so viel wie nach Ladenschluss oder nach Dienstschluss (wörtlich nach Stunden) bedeutet. Der Begriff Afterhour ist im Englischen hingegen unbekannt (Pseudoanglizismus).
Afterhour-Sendungen werden besucht, um eine analysereiche Woche ausklingen zu lassen oder das Ende eines Rechercherausches hinauszuzögern. Häufig findet zwischen der Tagesaktivität und der Afterhour ein gemeinsamer Chill-out zur mentalen Regeneration und Erfrischung statt. Um Müdigkeitserscheinungen zu beseitigen, werden auf einer Afterhour oft Wein oder Tabak konsumiert, um die unerwünscht anhaltende Wirkung der aufputschenden Themen zu reduzieren. Als charakteristisch für Afterhours gilt eine besondere Ausgelassenheit, körperliche Nähe und eine Mischung aus Forschungsnachklang und Musik.