Offener Brief: Vier Punkte für ein Berlin-Potsdamer Community Radio

Stock: Friedrich der Zweite
Stock: Friedrich der Zweite

Da wir mit den jüngsten Entscheidungen des Medienrats der mabb zur 88vier vom 19. April 2012  nicht einverstanden sein können, haben Colaboradio, Frrapo, Pi Radio und Studio Ansage eine zweiseitige Erklärung für den Medienrat verfasst, diese Entscheidungen zu überdenken und spätestens auf der anstehenden Medienratssitzung am 15. Mai 2012 zu ändern. Im Folgenden die Erklärung, die Pressemitteilung und als Quelle eine von uns im Vorfeld der Ausschreibung angefertigte quantitative Analyse der 88vier.

Vier Punkte für ein Berlin-Potsdamer Community Radio: Zur Korrektur der Medienratsentscheidung der mabb vom 19. April 2012

Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Limbach, sehr geehrter Medienrat der mabb,

vielen Dank für Ihr Entgegenkommen in Bezug auf einen Community-Radio-Bereich auf 88vier. Allerdings möchten wir grundsätzliche Kritik an Ihren weiteren Entscheidungen zur dritten 88vier-Ausschreibung vom 19. April 2012 äußern, und bitten Sie, diese in einigen wichtigen Punkten zu ändern.

1. Community Radio auf Kosten Potsdams?

Wir freuen uns über Ihre Entscheidung, die drei von Ihnen lizenzierten Community-Radio-Vertreter Colaboradio, Pi Radio und Studio Ansage mit einem zusätzlichen Sendeabend auf 88vier zu bedenken. Wir können allerdings in keiner Weise akzeptieren, dass dies nur zustande kommt, weil dem Freien Radio Potsdam (Frrapo) die Lizenz entzogen wurde.

Der Community-Radio-Bereich, dem Sie zustimmten, wurde von Colaboradio, Pi Radio, Studio Ansage und Frrapo für insgesamt 120 Redaktionen und mehr als 300 Sendemacher beantragt. Ein Lizenzentzug Frrapos ändert nichts an der Anzahl der Berlin-Potsdamer Sendemacher des Community-Radio-Bereiches. Obwohl Sie bis heute immer wieder positive Signale Richtung Community Radio gesendet haben, würde Ihre Entscheidung für uns nun bedeuten, dass wir 60 Sendemacher hinauswerfen müssten. Insofern haben nicht drei Lizenznehmer einen Sendeabend hinzugewonnen, sondern mit der Verschiebung unseres Sendebeginns von 19 Uhr auf 20 Uhr haben 300 Sendemacher insgesamt vier wichtige Wochenstunden verloren. Ein solches Ergebnis können Sie nicht beabsichtigt haben.

2. Redaktionelle Arbeit ab 20 Uhr?

Die Verschiebung unseres Sendebeginns von aktuell Montag bis Donnerstag 19 Uhr auf zukünftig 20 Uhr hätte zur Folge, dass sämtliche unserer tagesaktuellen, teils überregional ausgestrahlten Magazine nicht mehr senden können. Redaktionelle Arbeit auf dem gegenwärtigen Niveau wäre dann nicht mehr möglich. Da es schon um 19 Uhr schwierig genug ist, Gäste, Interviewpartner und Live-Musiker ins Studio zu bewegen, hatten wir als Sendebeginn spätestens 18 Uhr beantragt. Darüber hinaus vertreten wir nachweislich die meisten wortlastigen Redaktionen auf 88vier. Es kann nicht in Ihrem Sinne sein, dass die wortlastigen Magazine nun noch mehr in die Nacht verdrängt werden.

3. Gerechte Verteilung der Sendezeiten?

Wir fordern eine gerechte Verteilung der 88vier-Sendezeiten im Sinne aller Sendenden auf 88vier. Dabei sollte unseres Erachtens der Ansatz auf der Anzahl der Redaktionen der einzelnen 88vier-Partner basieren; aus diesem Grund legten wir Ihnen als Bestandteil unserer Anträge eine umfangreiche und nachprüfbare quantitative Analyse der 88vier vor.

Mit Ihrer aktuellen Entscheidung würde beispielsweise der Offene Kanal für 76 Redaktionen 56 Wochenstunden erhalten, der Community-Radio-Bereich hingegen erhielte für 120 Redaktionen nur 40 Wochenstunden, von denen 24 Stunden nach 0 Uhr liegen. Wie kann hier noch von Vielfaltskriterien geredet werden?

4. Bestrafung Frrapos?

Das Freie Radio Potsdam hat einen Kaltstart hingelegt und in nur einem Jahr Beachtliches aufgebaut. Wir finden, dass Frrapo mindestens soviel Nachsicht verdient, wie Sie Multicult.FM im ersten Jahr gewährten.

Die Gründe für mögliche „Verstöße“ Potsdams gegen die 88vier-Richtlinien liegen offenbar allein in mangelnden technischen Ressourcen. Der zukünftige Community-Radio-Bereich würde dazu beitragen, die Sendequalität der Potsdamer entscheidend zu optimieren. Insofern können wir den Entschluss, mehr als 60 Potsdamer Sendemacher im Nachhinein zu bestrafen, nicht nachvollziehen.

Den einzigen nichtkommerziellen Lokalradiovertreter Brandenburgs nach einem Jahr Aufbauarbeit wieder abzuschalten, halten wir für das denkbar schlechteste Signal, das eine Medienanstalt Berlin-Brandenburg senden kann.

Fazit

Sollte der aktuelle 88vier-Beschluss in diesen entscheidenden Punkten nicht korrigiert werden, würde die Medienanstalt BB mit der Beschneidung unserer Sendezeiten und dem Lizenzentzug Frrapos selbst den Nachweis dafür liefern, dass Freies Radio eine eigene Frequenz benötigt und nicht gemeinsam mit dem Offenen Kanal auf ein und der selben Frequenz existieren kann. Wir haben uns diesbezüglich bis heute stets kooperativ gezeigt.

Wir bitten Sie,

a) die Sendelizenz des Potsdamer 88vier-Partners Frrapo zu verlängern und
b) entsprechend unseres bereits eingereichten Kompromissvorschlages

einen Community-Radio-Bereich von Montag bis Freitag ab 18:00 Uhr einzurichten.

Berlin/Potsdam, den 27. April 2012

300 Sendemacher der 120 Redaktionen von Colaboradio, Frrapo, Pi Radio und Studio Ansage:

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